Donnerstag, 18. Oktober 2007

Predigt über Johannes 12 am 02. August 2007

"Die Kirche im Dorf lassen" und andere Eseleien -

Worum es Jesus eigentlich geht ...

Johannes 12,12-16: Jesus wird in Jerusalem als König empfangen
12 Am nächsten Tag verbreitete sich in der ganzen Stadt die Nachricht, daß Jesus auf dem Wege nach Jerusalem war.13 Da brachen die Menschen Palmenzweige ab, liefen Jesus entgegen und riefen ihm begeistert zu: «Gelobt sei Gott! Gelobt sei, der in Gottes Namen kommt! Heil dem König von Israel!» 14 Jesus ritt auf einem Eselsfohlen in die Stadt. Damit erfüllte sich das Prophetenwort: 15 «Fürchte dich nicht, du Volk Israel! Dein König kommt! Er reitet auf einem Eselsfohlen.» 16 Doch das verstanden seine Jünger damals noch nicht. Erst nachdem Jesus in Gottes Herrlichkeit zurückgekehrt war, begriffen sie, dass sich hier die Voraussage der Heiligen Schrift erfüllt hatte.

So, so! So kommt also dein König: auf einem Esel (vgl. Sach 9,9). So hat es der Prophet Sacharja 500 v. Chr. vorausgesagt - und so ist es dann auch gekommen! Und ehrlich: Mich hat das schon als Kind gestört! Ich hätte Jesus lieber auf einem Pferd gesehen - auf einem schönen, edlen Pferd. Das hätte ihm zugestanden. So habe ich die Sache damals zumindest gesehen.

Und damit war ich Kind meiner Zeit und meines Kulturkreises, in dem der Esel nicht gerade angesehen ist. Er gilt bei uns als störrisch - und das nicht von ungefähr: Es hat eine lange Geschichte, die schon in der Römerzeit beginnt und die den Esel als Inbegriff der Dummheit abstempelt.

Heute weiß ich mehr! Es hat eben eine Bedeutung, dass Jesus, der König, auf dem Esel kommt - und nicht auf dem Pferd oder in einer Staatskarosse! das hat was zu sagen! Das sagt was über Jesus selbst - und das sagt was über die Menschen, die ihn da in Jerusalem einziehen sehen! Sie machen alles richtig dort, die Menschen an den Straßen: Sie empfangen Jesus tatsächlich wie einen König! Sie legen Palmzweige, Blumen und Kleider auf die Straßen und sie rufen: „Hosianna! Gelobt sei, der da kommt im Namen des Herrn!“

Alles richtig, was sie da machen, was da laut wird, was da zu sehen ist! Aber wie denken sie wohl? Denken sie vielleicht wie ich gedacht habe: „Mensch, kein Pferd? Keine Staatskarosse? Wie will der uns helfen? Auf einem Esel!?“

In den Geschichten der Bibel spielt der Esel nun schon eine besondere Rolle. Da ist er weniger ein dummes, störrisches Tier - sondern will was sagen: Und zwar über den, der auf ihm sitzt!
Ich versuche das einmal ganz kurz auf den Punkt zu bringen und sage: Wer in der Bibel auf dem Esel reitet, der kommt - ganz anders als der Reiter hoch zu Ross - in friedlicher Absicht! Der kommt als Friedensfürst, der kommt als Friedenskönig! Der kommt als Messias! So erzählen es die Propheten der Bibel.

Aber - und das halte ich jetzt für wirklich entscheidend:
- Der kommt als jemand, der was von dir will!
- Der will, dass du dich zu ihm stellst!
- Dass du dich zu ihm in ein Verhältnis setzt!
Mir geht das immer noch im Kopf und im Herz herum, was Martin Buchholz hier vergangenen Samstagabend gesagt hat: „Gott braucht Sie!“
Was heißt das? Wissen Sie, wer zu Pferd kommt oder in einer Staatskarosse, der braucht uns nicht mehr, dem ist das egal, wie du zu ihm stehst! Der hat nämlich die Macht und nutzt sie - eiskalt! Dem geht es nicht um dich! Der braucht dich schon gar nicht mehr!

Jesus, dieser Mann, der da in Jerusalem einzieht auf einem Esel, der zwar empfangen wird wie ein König, kommt aber ohne Purpurmantel, kommt aber ohne die Insignien eines Königs, kommt ohne Truppen und ohne Bodyguard!
Und das was die Leute da an den Straßen für ihn veranstalten und auf die Beine stellen, das mag alles ganz richtig und ordentlich sein; aber das passt letztlich überhaupt nicht zu dem, worum es Jesus geht! Das passt nicht zu dem, was er braucht - von uns braucht ...
- Jesus möchte nicht äußerliche Huldigung, möchte nicht Palmenzweige und große Worte!
- Jesus möchte nicht äußerliche Ehrerbietung aufgrund von Wundertaten!

Der Evangelist Johannes, der diese Geschichte erzählt, hat schon einen Grund, warum er das Verhalten dieser Leute so dezidiert beschreibt:
Denn ein paar Tage später schon sind sie anders! Da ist Schluss mit Jesus! Weg, weg mit dem!

Jesus möchte nicht äußerliche Ehrerbietung! Jesus möchte keine sonntägliche Verehrung!
Jesus möchte ins Zentrum des Lebens! Jesus möchte ans Herz! Jesus möchte wissen: Wie stehst du zu mir? In welches Verhältnis setzt du dich und dein Leben zu mir? Jesus braucht ein Antwort auf diese Fragen!

Sehen Sie, die Menschen da an den Straßen, so wie sie heute sind und so wie sie in ein paar Tagen sein werden - die denken doch:
Das reicht doch aus, was wir hier machen! Wir machen es ihm nett. ‚Dein Zion streut dir Palmen!’ Wir sagen die Sachen, die sich für so eine Gelegenheit gehören: Hosianna. Gelobt sei, der da kommt!

Aber darum geht es nicht! Ich mache das heute mal an einer anderen Geschichte aus dem Johannesevangelium fest ...

Da ist einer, der heißt Nikodemus! Ein berühmter Mann aus der religiösen Führungselite! Und der kommt in der Nacht zu Jesus. Und wahrscheinlich muss er in der Nacht kommen, damit er nicht gesehen wird, sonst ist seine Stellung in Gefahr. Aber er kommt! Und das ist erstmal entscheidend!

Und dann macht er im Grunde genau das, was die Leute da an den Straßen Jerusalems tun. Er streut Jesus keine Blumen auf den Weg, aber er zeigt ihm seine äußerliche Ehrerbietung aufgrund der Wundertaten, die er von Jesus gehört hat! „Meister, wir wissen, du bist ein Lehrer, von Gott gekommen; denn niemand kann die Zeichen tun, die du tust, es sei denn Gott mit ihm!“ (Joh 3,2).
Und erstaunlich ist, was ihm Jesus sofort und ohne mit der Wimper zu zucken antwortet: „Es sei denn, dass jemand von neuem geboren werde, so kann er das Reich Gottes nicht sehen!“ (3,3).
Also: „Egal, was du gehört hat, was die Leute über mich sagen, suchst du in mir nur den tollen Lehrer, Guru, Wundertäter, dann siehst du mich nicht richtig! Du musst von neuem geboren werden, um zu sehen, das in der Begegnung mit mir Gottes Chance für das Leben der Welt steckt! Für dein Leben!“

Jesus möchte ins Zentrum des Lebens! Jesus möchte ans Herz! Jesus möchte keine Ehrbezeigungen, sondern Jesus möchte wissen: Wie stehst du zu mir? In welches Verhältnis setzt du dich und dein Leben zu mir?

Und Nikodemus spürt diesen Griff, diesen Griff nach dem Zentrum seines Lebens, diesen Griff Jesu nach seinem Herzen - und lenkt ab!
„Wie kann ein Erwachsener neu geboren werden? Er kann doch nicht wieder in den Mutterleib zurück und noch einmal au die Welt kommen!?“ (3,4). Aber Jesus rückt nicht davon ab: „Nur wer durch Wasser und Gottes Geist neu geboren wird, kann in Gottes neue Welt kommen!“ (3,5).

Gut, aber stellen wir uns trotzdem mal der Frage des Nikodemus: Warum soll denn nun diese eine Geburt, mit der ich auf diese Welt gekommen bin, nicht ausreichen?
Merken Sie, dass das ein fauler Einwand ist? Eine faule Frage! Ist das denn Leben? Reicht das aus: Morgens aufstehen, Zähne putzen, frühstücken, arbeiten, essen, arbeiten, essen, fernsehen, schlafen, Morgens aufstehen, Zähne putzen, frühstücken, arbeiten... und so weiter.
Das hat Nikodemus! Und er hat sogar noch mehr: Die Maske nach außen, der Schein funktioniert: Ansehen, Anerkennung, Einfluss, Besitz! Alles stimmt!
Nur: Der Mann kann nachts nicht schlafen! Vielleicht, weil ihm das alles nicht mehr ausreicht! Weil er das Gefühl nicht los wird, dass er nicht sein Leben lebt, sondern das das Leben ihn lebt! Die Anforderungen, die Ansprüche von außen - beruflich, familiär, privat, ... die Vergangenheit, ... die eingefahrenen Spuren, aus denen man nicht mehr rauskommt!

Ich kenne viele Leute, die wollen und nicht können. Leute, die sich voll Begeisterung auch hier in unsere Gemeindearbeit hineinschmeißen - und dann läuft irgendwas nicht so, wie sie wollen, dass es läuft. Und dann werden sie bitter, wenden sich ab. Oder sie werden böse und bissig! Palmsonntag: Helle Begeisterung! Karfreitag: Tiefste Entrüstung und Rückzug in die Gleichgültigkeit! ... die eingefahrenen Spuren, aus denen man so gerne raus will und doch nicht mehr herauszukommen scheint! Nikodemus! -

Kennen Sie dieses Gebet des alten Kirchenvaters Augustinus? Dieser Mann hatte ein zutiefst bewegtes Leben! „Du hast uns zu dir hin geschaffen, Herr - und unruhig ist unser Herz, bis es Ruhe findet in dir!“ - Nikodemus hat dieses unruhige Herz. Die Menschen an den Straßen Jerusalems haben dieses unruhige Herz!
„Du musst von neuem geboren werden!“, sagt Jesus.
Ich habe es heute ein bisschen mit den Zitaten. Gleich noch eins! Kennen Sie auch. Es stammt von Angelus Silesius (1674): „Und wäre Christus tausendmal in Bethlehem geboren, und nicht in dir, du wärest ewiglich verloren“. - Ich kann es heute noch anders sagen - und dann bleibt es genauso richtig:
„Und wäre Christus tausendmal in Jerusalem eingezogen, und nicht in dein Herz, du wärest ewiglich verloren“.

Sehen Sie, es geht Jesus um unser Herz! Um das Zentrum unseres Lebens! Jesus möchte wissen: Wie stehst du zu mir? In welches Verhältnis setzt du dich und dein Leben zu mir?

„Du musst von neuem geboren werden!“, sagt Jesus! Ein Kind, das geboren wird, ist ganz das Kind seiner Mutter. Es kann nichts! Aber es kann alles zum Leben Notwendige lernen, dieses wunderbare Geschenk Leben begreifen durch die Liebe und die Zuwendung seiner Mutter!

Wenn ich im Sinne Jesu neu geboren werde, dann bin ich ganz ein Kind Gottes!
Ich kann zwar schon eine ganze Menge. Ich bin größtenteils vernünftig. Ich versuche aufrichtig zu leben, nicht zu lügen und zu betrügen! Ich versuche zu helfen, wo ich kann! Ich versuche zu lieben! Aber das ist nichts Besonderes! Das tut jeder Mensch - egal welchen Glaubens oder politischer Couleur! Selbst ein kompletter Atheist! Und nichts davon wird mich Gott näher bringen!

Gott näher bringen wird mich nur, wenn ich akzeptieren kann, dass mein Leben zutiefst mit ihm verbunden ist! Jesus sagt dem Nikodemus: „So sehr hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen einzigen Sohn gab, damit alle die an ihn glauben, nicht verloren gehen, sondern das ewige Leben haben. ... Wer aber nicht an ihn glaubt, über den ist das Urteil schon gesprochen!“ (3,16+18).
Was ist das? Ist das eine Drohung! Nein!
Das ist der Entscheidungspunkt für das Leben schlechthin: Das ist Jesu mit allem Ernst ausgesprochene Einladung zum Glauben! Das ist die Einladung zu einem Leben, das sich nicht irgendwann in gescheiterten Versuchen verliert, sondern gewinnt!
„Unruhig ist unser Herz, bis es Ruhe findet in dir!“ Und genau das werde ich lernen als neugeborenes Gottes Kind: Glauben! Lernen, dass es im Leben auf mein Verhältnis zu Gott ankommt! Darauf wie ich Jesus Frage beantworte: Wie stehst du zu mir? In welches Verhältnis setzt du dich und dein Leben zu mir?

Johannes wird so gut wie nichts mehr von Nikodemus nach diesem Nachtgespräch erzählen! Vor allem nicht Spektakuläres. Aber direkt nach Jesu Tod, als die Jünger sich vor lauter Angst versteckten, dass auch sie so enden würden wie er, da waren es nur ein paar Frauen und eben dieser Nikodemus, die ganz klar zu Jesus standen und ihm ein ordentliches Begräbnis verschafften. Ganz schön mutig! Ich stehe zu dir!

Noch mal zurück zur Geschichte vom Anfang - vom Einzug in Jerusalem. Direkt im Anschluss an dieses scheinbar so triumphale Spektakel kommen einige Griechen; und sie sagen den Jüngern: „Wir möchten Jesus kennen lernen!“ (Joh 12,21). Und nachdem die Jünger sie zu Jesus gebracht haben, da sagt er ihnen, die ihn kennen lernen wollen:
„Ich sage euch die Wahrheit: Ein Weizenkorn, das nicht in die Erde fällt und stirbt, bleibt ein einzelnes Korn. In der Erde aber keimt es und bringt viel Frucht, obwohl es dabei stirbt. Wer an seinem Leben festhält, wird es verlieren. Wer aber sein Leben loslässt, wird es für alle Ewigkeit gewinnen! Wer mir dienen will, der soll mir folgen!“ (12,24-26).

Letztlich sagt ihnen Jesus hier dasselbe wie damals dem Nikodemus: „Ihr müsst von neuem geboren werden! Ihr müsst euer Leben, das sich irgendwann in gescheiterten Versuchen verliert, loslassen, um zu gewinnen!“ - Neues Leben entsteht nur aus dem Tod! Aus dem endgültigen Abschied vom Alten!

Da gab es hier in Bochum mal einen Musicalstar aus England. Er machte mit beim Starlight Express. Er hatte einen tödlichen Motorradunfall. Und seine Freunde hier in Bochum wünschten sich eine Trauerfeier für ihn. Sie riefen einen englischen Pfarrer an, der sich zufällig hier in Bochum aufhielt - und baten ihn, die Trauerfeier zu halten. Er tat das. Und danach trafen sie sich wieder. Denn das war die Geburtstunde der englischsprachigen evangelischen Gemeinde in Bochum!

Merken Sie den Unterschied? Gemeinde baut man nicht mit falscher Begeisterung von den Straßenrändern aus! Nicht mit falscher Begeisterung von den Rändern des Lebens aus! Nicht mit falscher Begeisterung für Traditionen, die mit dem Alltag des Lebens nichts zu tun haben! Nicht mit voreiliger Ergriffenheit! „Man“ baut gar nicht Gemeinde! Sondern Gott baut Gemeinde - und gibt seinen Sohn dafür her! Jesus baut Gemeinde - und gibt sein Leben dafür her!
„Wenn das Weizenkorn nicht in die Erde fällt und stirbt, bleibt es allein. Wenn es aber stirbt, bringt es viel Frucht.“
Jesus ist dieses Weizenkorn. Und er sagt: „Wer mir dienen will, der folge mir nach!“

Gemeinde wird gebaut, wo Menschen zu Jesus stehen. Wo Menschen mitten im Leben von ihm ergriffen sind. Und zwar viel zu sehr ergriffen, um irgendwelche triumphalen Sprüche abzulassen, die doch bloß ein Strohfeuer sind, das am Sonntag brennt und am Freitag nicht mal mehr glimmt!
Und ich finde, Gott hat uns in dieser Hinsicht in den vergangenen Jahren Fortschritte geschenkt. Nicht Rückschritte! Es ist keine Zeit für Triumphrufe an den Straßenrändern! Sicher nicht! Aber es ist Zeit für Dankbarkeit, dass unser Vater im Himmel unserer Gemeinde Leben und Lebendigkeit schenkt!

Und das macht mir Mut, Menschen wie Sie zu bitten, um Ihren Einsatz zu bitten:
- Um Ihren Einsatz von Vertrauen, das Gott das auch weiter tun wird!
- Um Ihren Einsatz von Zeit, von Zeit für das Gebet für unsere Gemeinde, für die vielen Menschen hier, die zwar nominell zu uns gehören, aber nicht den Weg in unsere Gemeinschaft finden! Für die Menschen, die hier Verantwortung tragen, für unser Presbyterium, für unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, für unsere Pfarrerinnen und Pfarrer!
- Und ich bitte auch um Ihren Einsatz von Geld! Nicht damit hier alles beim Alten bleibt, und die Menschen an den Straßenrändern noch zufrieden nicken, weil die Kirche noch im Dorf steht!
Nein, ich bitte um all das und um Geld, damit wir weiter mit Jesus auf die Menschen zugehen können, nicht um Beifall zu gewinnen, sondern um ihre Herzen zu gewinnen: für Gott!



Donnerstag, 9. August 2007

Biblische Orientierung im Januar 2007

Konzentrierte Gemeinde

Nachfolge in der konzentrierten Hinwendung zu den Menschen: mit einer Stimme, ohne Spaltung, fest im Halt aneinander, in einem Sinn und in einer Meinung

Eher durch Zufall bin ich in diesen Tagen in den 1. Korintherbrief (1. Kor.) gestolpert. Der 1. Kor. ist ein historisches Zeugnis für eine tiefe Disharmonie in einer Gemeinde! Eigentlich hatte ich seit Monaten schon das Gefühl, dass ich diesen Brief mal wieder lesen sollte – aber wer beschäftigt sich schon gerne freiwillig mit Disharmonie?

Die Gemeinde in Korinth z. Zt. des Paulus (Pls) ist eine typische, gesettlete Gemeinde; man hat was erreicht, man kann sich sehen lassen, man hat einen ganz ordentlichen Bestand, man hatte seine Erfolge, man hat eine Tradition, man hat seine Rezepte, wie’s immer ganz gut gelaufen ist.
Könnte man typische korinthische Gemeindemitglieder fragen, warum ihre Gemeinde denn existiert, würden sie größtenteils antworten: „Die Aufgabe der Gemeinde ist es, sich um meine Bedürfnisse und um die meiner Familie, um die Bedürfnisse meines Kreises, meiner Gruppe zu kümmern!“ – Diese Antwort gibt es bis heute (und diese Antwort gibt es auch bei uns:) In Prozenten umrissen denken über 80% der Gemeindeglieder so! - Die Rolle des Pfarrers in einer solchen Gemeinde ist ebenfalls klar: er hält die Schäfchen, die bereits im Stall sind, glücklich und bei Laune, dass diese auch nur ja nicht fortlaufen! Gut; es gibt noch ca. 10%, die auf die Frage, wozu eine Gemeinde denn da sei, antworten: „Die Aufgabe der Gemeinde ist es, Menschen für die Botschaft von Jesus Christus zu gewinnen!“
Natürlich wurde eine ähnliche Umfrage unter Gemeindepastoren gemacht; die Ergebnisse waren genau umgekehrt. 90% sehen die Gemeinden mit der Botschaft von Jesus in die Welt gesandt – und nur 10% sehen das Ziel von Gemeindearbeit in der Bedürfnisbefriedigung ihrer Gemeindeglieder. Konflikte und Disharmonie sind da vorprogrammiert – nicht nur zwischen Pastoren und Gemeindeleitungsgremium, zwischen Pls und den Korinthern – sondern auch innerhalb der Gemeinde, unter den Korinthern. Und bei uns natürlich auch!

Als ich Sonntagmittag begann, den 1. Kor. zu lesen, da hat mich das zum ersten Mal richtig überwältigt, wie und was der Pls da schreibt (1,4-9) …: seine Dankbarkeit


  • für diese Gemeinde und ihr Dasein,
  • für den Reichtum an Gaben und Fähigkeiten, den es in dieser Gemeinde gibt.

Aber – und ich glaube, das ist entscheidend: Das macht Pls nicht an den Menschen dieser Gemeinde fest, sondern an dem wunderbaren Gott, der die Menschen dieser Gemeinde eben so und nicht anders mit diesen Gaben und Fähigkeiten beschenkt hat – nicht zu ihrem eigenen Ruhm, sondern zu Gottes Ruhm!
Und dann kommt Pls sofort zur Sache (1,11ff.); er zeigt die Konflikte, die Spaltungen, die z. T. tiefgreifenden Disharmonien auf - und hält dagegen:
Gemeinde spricht mit einer Stimme, handelt ohne Spaltung, lebt fest im Halt aneinander, in einem Sinn und in einer Meinung (vgl. 1,10). –

Ganz schön mutig hingeschrieben und ganz schön mutig gesprochen! Manche nennen so was Gleichschaltung! Ich nenne das ganz einfach: einen Konzentrationsversuch!
Für Pls ist der Grund von Gemeindearbeit vollkommen klar und deutlich! Wenn man ihn fragt, wodurch eine Gemeinde existiert, wird er sagen: Durch Jesus Christus. Das ist der Grund, auf dem eine Gemeinde gebaut wird (1. Kor. 3,11). Auf oder aus einem anderen Grund klappt nicht, wird was anderes - aber keine Gemeinde!
Für Pls ist Gemeinde der Leib Christi, der Körper Jesu in der Welt, die liebende, annehmende, leidenschaftliche Gegenwart Gottes in der Welt! Und für Pls geht es in den meisten Briefen, die von ihm im Neuen Testament geschrieben sind, darum, diesen Leib Christi funktionstüchtig zu erhalten oder wieder funktionstüchtig zu machen! Und funktionstüchtig ist ein Leib, ein Körper, ein Organismus nur, wenn er einheitliche und koordinierte Abläufe hat, wenn er ein Zentrum hat, das seine Lebensäußerungen koordiniert! Konzentration!

Dieses Zentrum ist für Pls ganz klar: die Hinwendung Gottes nicht zur Kirche, sondern zur Welt, zu den Menschen, in Jesus! Wenn Gemeinde tatsächlich Gemeinde sein will, dann vollzieht sie diese Hinwendung konzentriert nach. Komplett: mit einer Stimme, ohne Spaltung, fest im Halt aneinander, in einem Sinn und in einer Meinung. Konzentriert auf Gottes großartige Vorgabe / Vorlage in Jesus! Weihnachten! Gott wirft sich mit der Botschaft von seiner Liebe in die Welt!
Nicht an einen heiligen Ort, nicht in den Tempel von Jerusalem! In die Welt! Die Welt selbst wird zum heiligen Ort, weil er sich hineingeworfen hat! Das hat für mich Priorität in diesem Jahr! Die Hinwendung zu den Menschen, denen wir die Botschaft von Gottes Liebe und die Einladung zum Glauben schuldig sind! Und das ist nichts Neues.
Ganz pointiert zusammengefasst findet man das auch im Leitbild 2010 des Kirchenkreises Herne:

  1. Die Herausforderung durch die säkularisierte Gesellschaft - Wir nehmen wahr: Die Mehrheit der Menschen unserer Region, Kirchenmitglieder oder nicht, lebt ohne eine lebendige Beziehung zu Gott. Jesus Christus ist nicht Vorbild ihres Handelns. Gleichzeitig suchen Menschen nach Sinn und innerem Halt.Wir sind ihnen die Einladung zum Glauben schuldig. Wir bezeugen ihnen, was Gott für uns Menschen getan hat. Wir geben ihnen ein glaubwürdiges Vorbild christlichen Lebens.Wir bezeugen unseren Glauben in friedfertiger Nachbarschaft und Auseinandersetzung mit anderen Religionen, in unserer Region insbesondere mit dem Islam, religiösen Strömungen und säkularen Lebensauffassungen.
  2. Die Herausforderung durch die pfarrerzentrierte Kirche - Die Gemeinden unserer Region werden in der Regel noch wahrgenommen und in Anspruch genommen als vom Pfarramt dominierte Teile einer behördenähnlichen Institution.Wir wollen leben und erkannt werden als eine Gemeinschaft mündiger Christinnen und Christen, die Jesu Wort zusammenführt, die sich gemeinsam der Nähe Gottes freut, den Glauben teilt und ihn im Alltag vielfältig Gestalt gewinnen läßt.Wir fördern in Kirchengemeinden und Fachbereichen das Engagement Ehrenamtlicher. Menschen sollen sich mit ihren Begabungen in Gottesdienst und Gemeindeleben entfalten können und verantwortlich in der Gemeinde mitarbeiten.

Mittwoch, 8. August 2007

Predigt über Jesaja 43,1-7 am 15. Juli 2007 in der Trinitatiskirche Bochum

Drei Dimensionen des Glaubens

Was macht Sie einzigartig?

Ist es Ihr Name? Ist es Ihr Aussehen? Ist es Ihr Fingerabdruck? Ist es Ihr Leben? Was macht Sie wirklich einzigartig? Vielleicht unterscheidet mich mein Fingerabdruck oder die Anordnung meiner Chromosomen vom Rest der Menschheit! Aber den Rest der Menschheit auch von mir! Das macht mich nicht wirklich einzigartig!
Es gibt zwar tatsächlich in einem jeden Leben ganz besondere glückliche Momente, schicksalhafte Begebenheiten und sicher auch sehr tiefgreifende notvolle Erfahrungen. Und doch: Immer wieder begegnen einem Menschen, die ganz Ähnliches erlebt haben wie man selbst. - Auch mein Leben, mein Schicksal, die Summe meiner Lebenserfahrung macht mich nicht wirklich einzigartig!

Wirklich unverwechselbar und einzigartig werde ich allein durch andere! Dadurch, dass andere „Du“ zu mir sagen und ganz allein mich meinen: meine Kinder, meine Frau, meine Eltern, Schwestern und Brüder, Freundinnen und Freunde! Dadurch, dass die mich bei meinem Namen rufen und wirklich mich meinen, dadurch werde ich wirklich einzigartig und unverwechselbar! Und jeder, der ein solches „Du“ vermissen muss, weiß wie wenig das Leben wert ist ohne dieses Wort „Du“!

Gottes Ruf macht uns einzigartig

Gott weiß es auch. Und darum hat er Ihrem Leben einen einzigartigen und unverwechselbaren Wert verliehen! Und das ist unser Wort für heute aus Jesaja 43 (Verse 1 bis 7): „Und nun spricht der HERR, der dich geschaffen hat, Jakob, und dich gemacht hat, Israel: Fürchte dich nicht, denn ich habe dich erlöst; ich habe dich bei deinem Namen gerufen; du bist mein!“ (43,1)
Das macht Sie, das macht mich, uns einzigartig! Dass Gott „Du“ zu uns sagt! Dass er Sie, mich, uns mit Namen kennt! Und mehr noch: er kennt uns nicht nur; er ruft uns! Das ist das Entscheidende, dass er uns ruft!

Wir sind nicht irgendeinem blinden Schicksal überlassene Existenzen, von Stern oder Unstern ziellos hin und hergetriebene Alltagsnomaden auf der einen Seite! Und auf der anderen Seite sind wir auch nicht das, was wir so gerne wären: die Bestimmer! Das spielen meine Kinder immer so gern: „Einen Tag mal der Bestimmer sein, das Sagen haben!“
Aber weder wir haben das Leben in der Hand, noch hat das Leben uns in der Hand! Sondern: dieses Leben, das wir, Sie und ich leben, hat ein ganz klares Ziel: dass wir Gottes Ruf, Gottes „Du“ hören! Und unser Leben unterliegt einer ganz klaren Regel und Grenze: „Du bist mein!“, sagt Gott. „Du gehörst nicht dir!“
Diese sieben Verse aus Jesaja 43 bringen es auf den Punkt, was letztlich über unseren Glauben an Gott zu sagen ist! Über unseren persönlichen Glauben wie auch über unseren Glauben an ihn als Gemeinde, als Gemeinschaft!

Es gibt im Grunde drei Dimensionen des Glaubens. Man könnte auch sagen: Stufen des Glaubens! Denn Stufen sind dazu da, dass man ein höher liegendes Ziel erreicht! Und wenn man ans Ziel will, muss man es wagen, sie zu gehen, zu ersteigen, manchmal auch zu erklimmen! Glaube ist:


1. Fürwahrhalten,
2. Vertrauen (v.1-5a) und
3. Gehorsam (v.7)
Glaube ist Fürwahrhalten
Die unterste Stufe des Glaubens ist also das reine Fürwahrhalten, also daran zu glauben, dass bestimmte Dinge einfach wahr sind! Ganz viele Menschen werden darum, wenn Sie sie fragen „Glauben Sie an Gott?“, bedenkenlos (und leider oft auch gedankenlos!) sagen: „Ja!“ Nicht weil sie sich mit ihrem Leben Gott anvertraut haben, seinem Ruf gefolgt sind, sondern einfach nur, weil sie es für wahr halten, dass da irgendwo ein Gott ist, der dieses oder jenes gemacht hat, was man nicht anders erklären kann oder will ohne die Existenz eines Gottes anzunehmen. Das hat mit Christsein aber noch nichts zu tun!
Glaube ist Vertrauen
Die nächste Dimension oder Stufe des Glaubens lautet: Glaube ist Vertrauen! Gott möchte mehr von uns, all dass wir seine Existenz für wahr halten! „Fürchte dich nicht, denn ich habe dich erlöst; ich habe dich bei deinem Namen gerufen; du bist mein!“ (43,1)
Gott möchte unser Vertrauen! Gott möchte unser Herz. Gott möchte ins Zentrum unseres Lebens!
  • Gott möchte, dass wir ihn an unsere Angst heranlassen, an unsere zahlreichen kleinen und großen Lebensängste, die uns in Schach halten!
  • Er möchte, dass wir ihn an unsere Gefangenschaft, an unsere Fesseln heranlassen, die unser Leben und unser Gemeindeleben so einengen, an unseren Kleinglauben, an unsere Gleichgültigkeit gegeneinander und gegenüber den Menschen, die wir noch nicht mit der Botschaft von Jesus Christus erreicht haben, an unsere Ichbezogenheit und Selbstzufriedenheit!
  • Gott möchte an unsere Anonymität und Einsamkeit. Er möchte, dass wir wissen, dass er weiß: um uns, um unseren Namen, um unsere Schuld! Nur so gibt es Gnade: Nur wenn einer weiß! Wenn einer kennt!

Gott möchte unser Vertrauen! Er sagt: „Wenn du durch Wasser gehst, will ich bei dir sein, dass dich die Ströme nicht ersäufen sollen; und wenn du ins Feuer gehst, sollst du nicht brennen, und die Flamme soll dich nicht versengen.“ (43,2) Gott sagt damit: In den Krisensituationen deines Lebens bist du nicht ausgeliefert!

Ich glaube, wir sind uns darüber einig, dass ein Leben nicht immer nur gelingt! In der Summe eines Lebens (und auch in der Zwischensumme, die Sie und ich ganz persönlich für uns in ein paar Gedanken jetzt und hier aufaddieren können) finden sich viele Scherben! Scherben unserer Fehlentscheidungen, unserer Verletzungen und tiefen Brüche und Einbrüche, Scherben unserer Schuld und zugeschlagener Türen!

  • Mose mit den Israeliten am Schilfmeer: War es die richtige Entscheidung aus der Sicherheit Ägyptens auszubrechen?
  • Josua mit dem Volk Israel am Jordan: Soll alles so bleiben wie es ist - oder sollen wir den Schritt in die Zukunft und ins Ungewisse wagen?
  • Daniel und seine Gefährten vor dem Feuerofen: War es richtig, Gott so kompromisslos zu trauen und zu dienen?

„Wenn du durch Wasser gehst, will ich bei dir sein, dass dich die Ströme nicht ersäufen sollen; und wenn du ins Feuer gehst, sollst du nicht brennen, und die Flamme soll dich nicht versengen.“ (43,2)

Wer sagt denn so was? Wer kann denn so was sagen?

„So spricht der HERR, der dich geschaffen hat, ... und dich gemacht hat, ... der HERR, dein Gott, der Heilige ..., dein Heiland“ (43,1+3). Hier spricht der Gott, der unsere Hilfe ist, der Himmel und Erde gemacht hat, unser Schöpfer, creator, der also zutiefst kreativ ist und genau das auch mitten in unserem Leben und in unserem Gemeindeleben sein will!
Und dieser Gott möchte uns mit all dem, was uns ausmacht! Er möchte uns mit unseren Fähigkeiten und Begabungen, mit den Scherben unserer Fehlentscheidungen und Verletzungen, unserer Schuld! Er möchte all das wertvolle und auch das zerschlagene Porzellan unseres Lebens und Gemeindelebens! Und er wird daraus etwas Großartiges machen!
Gott möchte unser Vertrauen! Vertrauen ist eine wichtige, eine entscheidende Dimension des Glaubens - aber immer noch nicht alles.

Glaube ist Gehorsam

Denn es gibt noch eine weitere Dimension, eine nächste Stufe des Glaubens! Und das ist letztlich die Einschneidendste und Unerlässlichste! Wir finden sie in der Bibel - und zwar häufiger als wir denken! Unserer Alltagssprache heute ist sie eher fremd. Glauben heißt nämlich auch Gehorchen! Gott und sein Wort ernst nehmen und danach tun, handeln!
Konkret heißt das: Ich kann an die Existenz eines Gottes glauben; ich kann darauf vertrauen, dass Gott in meinem Leben und im Leben meiner Gemeinde kreativ werden will! Aber solange ich ihm und seinem Wort nicht gehorche, das, was ich von ihm weiß, höre und lerne, nicht in meinem Leben umsetze, solange wird mein Glaube nicht konkret, nicht wirksam und bringt nicht ans Ziel! Und ums Ziel geht es uns doch!? Ganz platt gefragt: Oder wollen wir nicht in den Himmel?
Und wirklich: „Gehorsam“ oder wie es die Bibel oft nennt: „Glaubensgehorsam“, das zieht sich wie ein roter Faden durch die Geschichten der Bibel:

  • Adam und Eva waren nicht gehorsam - und das führte zu einer ganz tiefen Trennung von Gott!
  • Abraham war Gott gehorsam, musste es immer neu lernen, gelangte aber ans Ziel!
  • Auch Mose hatte hart an seinem Gehorsam gegenüber Gott zu arbeiten. Er gelangte nicht ins Gelobte Land, aber doch ans Ziel bei Gott!
  • Die Propheten der Bibel waren nicht begeistert, als Gott sie in den Gehorsam rief, aber sie folgten seinem Ruf und gelangten ans Ziel!
  • Die Jünger? Was taten sie, als Jesus sie rief? Sie gehorchten. Sie gingen aus ihren gewohnten Sicherheiten in die Unsicherheit der Nachfolge - und gelangten ans Ziel!
  • Die Berufungsgeschichte des Paulus in Apostelgeschichte 9 ist geradezu ein Paradebeispiel für Glaubensgehorsam, der dich aus dem, was du gewohnt bist, was du für richtig und gottgefällig hältst, herausruft und dich ans Ziel bringt: nämlich Gott näher! Dich ihm ähnlicher macht! - Paulus und Hananias, um die es in dieser Geschichte geht, hingen an alten Zöpfen! Und hätten sie die nicht im Gehorsam gegenüber Gott losgelassen, wäre das Christentum eine flüchtige Erscheinung im Mittleren Osten geblieben - und niemand spräche heute mehr von Jesus!Das hat Paulus zutiefst beeindruckt und geprägt. Jahre später schreibt er an die Christen in Rom: „Ich habe die Liebe Jesu erfahren und bin als sein Apostel beauftragt, in seinem Namen bei allen Völkern Menschen für Gott zu gewinnen, damit sie an ihn glauben und ihm gehorsam werden!“ (Röm 1,5 nach HfA).Ich finde es fabelhaft, wie Paulus das so sagen kann: Ich habe die Liebe Jesu erfahren, ich bin ihm gehorsam geworden. Und jetzt möchte ich so leben, so handeln, so reden, dass auch andere diese Liebe erfahren und Gott gehorsam werden!

Es ist nicht unbotmäßig, wenn Gott von uns Gehorsam will. Er outet sich damit nicht als Diktator oder Despot. Er zeigt damit nur seine Leidenschaft für die Menschen dieser Erde! Zurück zu Jesaja: „Du bist in meinen Augen so wert geachtet und herrlich! Ich habe dich lieb! So fürchte dich nun nicht, denn ich bin bei dir.“ (43,4+5).

„Gehorsam“ kommt von „gehorchen“, „horchen“, „hinhören“. Hören Sie hin, wie Gott Sie sieht! Das sind Sie: wert geachtet, herrlich, geliebt, in aller Furcht und Angst nicht allein, sondern in aller Geborgenheit begleitet vom Schöpfer und Erlöser dieser Welt! Sie sind einzigartig!

Glaubensgehorsam kann also nur heißen, dass ich dahingehend gehorsam werde, - dass ich versuche, mit meinem einzigartigen Leben, Denken, Handeln, Beten, Arbeiten die Leidenschaft Gottes für mich auf andere hin widerzuspiegeln!- Dass ich versuche, mit allem, was mir zur Verfügung steht, andere spüren zu lassen, wie einzigartig wichtig sie Gott sind!
Speziell für unseren Glauben im Alltag und in unserer Gemeinde kann das nur eine Wendung nach von innen nach außen bedeuten. Denn wenn Gottes Leidenschaft für die Menschen außerhalb unserer Gemeinde so groß ist, wie seine Leidenschaft für uns, wird er uns mit Sicherheit einmal fragen, warum wir unseren Glauben nicht offensiver, nicht außenwirksamer, nicht missionarischer gelebt haben!


Gott agiert mit der größtmöglichen Außenwirkung

Mir ist das beim Lesen der Bibel noch einmal sehr deutlich geworden: Gott dachte und handelte niemals provinziell, nur nach innen. Gott denkt und handelt global - mit der größtmöglichen Außenwirkung, konsequent missionarisch! „Ich will vom Osten deine Kinder bringen und dich vom Westen her sammeln, ich will sagen zum Norden: Gib her!, und zum Süden: Halte nicht zurück! Bring her meine Söhne von ferne und meine Töchter vom Ende der Erde, alle, die mit meinem Namen genannt sind, die ich zu meiner Ehre geschaffen und zubereitet und gemacht habe (43,5-7).


Glaubensgehorsam - praktisch und missionarisch

Glaubensgehorsam heißt, dabei mitmachen, mitdenken, mitbeten ... Glaubensgehorsam heißt, von den alten Zöpfen abzulassen, mit denen wir nicht Gott, sondern uns selbst und unseren Eitelkeiten dienen, die anderen wiederum den Blick auf Gottes Leidenschaft für die Menschen versperren, die wir hier widerspiegeln sollten!
In Jesaja 43 findet sich auch die Jahreslosung für 2007, um die es meines Erachtens in der gesamten Evangelischen Kirche in diesem Jahr merkwürdig still geblieben ist. Im Zusammenhang gelesen: „Gedenkt nicht an das Frühere und achtet nicht auf das Vorige! Denn siehe, ich will ein Neues schaffen, jetzt wächst es auf, erkennt ihr's denn nicht? Ich mache einen Weg in der Wüste und Wasserströme in der Einöde“ (Jesaja 43,18+19).

Gott schafft Neues! Gegen größte Widerstände! Und doch wächst es auf! Gott baut seine Kirche - und er baut sie immer neu auf dem dokumentierten Fundament seiner Leidenschaft für die Menschen in Jesus Christus! Darum geht es - und alles darunter oder darüber hinaus ist Haarspalterei und dient nicht Gott, sondern der Befriedigung eigener Eitelkeiten!

Wir sind aber nicht da zu unserer eigenen Ehre! Es geht hier nicht um uns! Es geht hier nicht um unsere Gemeinde, unsere Kirche, unser Haus, unsere Gruppe, unseren Chor, unseren Kindergarten; es geht hier einzig allein darum, dass wir zu Gottes Ehre geschaffen und zubereitet und gemacht sind. Und Glaubensgehorsam heißt zu seiner Ehre zu leben - mit der größtmöglichen Außenwirkung!

Ich glaube, dass wir das können, oder zumindest lernen können: mehr über unseren Glauben und über unseren großartigen Gott zu sprechen! Denn dieser Glaube gibt Perspektive für das Leben jedes Menschen! Ich versuche einfach mal, ganz schlicht und beispielhaft über die Perspektiven unseres Glaubens zu sprechen - so wie Sie das sicher auch könnten:

  1. Leben ist auch immer ein großes Stück Vergangenheit! Vieles Belastendes gibt es da! Menschen sind an mir schuldig geworden, haben mich verletzt, ignoriert, herabgewürdigt. Ich bin auch schuldig geworden an Menschen, auch an Gott, an Jesus! Die Bibel erzählt von Jesus als Heiland, als von einem, der heil machen kann. Auch mich mit meiner Vergangenheit!
  2. Die Perspektive des Glaubens gilt auch für meine Gegenwart. Der Glaube an Gott hilft mir, mich den Herausforderungen des heutigen Tages zu stellen. Es geht um meine Schwierigkeiten, aber auch um meine Erfolge. Es geht um meine Sorgen und meine Ziele heute, vielleicht auch um mein Leid, meine Niederlagen. Und es geht um meinen Umgang mit mir selbst und meinen Mitmenschen. Der Glaube an Gott, der mein Leben kennt, weil er in Jesus auch eins gelebt hat, kann hier Türen öffnen, meinen Blick weiten und mein Leben in allen Dingen auf eine komplett neue Basis stellen!
  3. Dem Glauben geht es auch um Zukunft. Worauf läuft mein Leben zu? Was kommt in 10 oder 20 Jahren? Hält mein Glück? Was ist eine gesunde Basis für das Leben, für das Älter-Werden? Was ist mit dem Tod und mit all meinen Plänen, Zielen und Hoffnungen? Das sind alles Fragen, für die Gott ein Herz hat und für die er uns eine Perspektive gibt.

„So spricht der HERR, der dich geschaffen hat und dich gemacht hat: Fürchte dich nicht, denn ich habe dich erlöst; ich habe dich bei deinem Namen gerufen; du bist mein!“ - Das kann man doch nicht für sich behalten!